Menschenkind by Toni Morrison

Menschenkind by Toni Morrison

Autor:Toni Morrison [Morrison, Toni]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman, USA, Sklaven
ISBN: 3499130653
Herausgeber: rororo
veröffentlicht: 1987-07-02T17:00:00+00:00


Als die vier Reiter kamen — der Schullehrer, ein Neffe, ein Sklavenfänger und ein Sheriff —, war es im Haus an der Bluestone Road so still, daß sie glaubten, sie seien zu spät gekommen. Drei von ihnen stiegen ab, einer blieb mit Schußbereitem Gewehr im Sattel, ließ den Blick geflissentlich links und rechts vom Haus auf und ab wandern, denn es war damit zu rechnen, daß die Entlaufene ihr Heil in der Flucht suchen würde. Obwohl man sie manchmal, das wußte man vorher nie, auch irgendwo zusammengekauert fand: unter Dielenbrettern, in einer Speisekammer — einmal in einem Kamm. Auch dann war Vorsicht geboten, denn die Stillsten, diejenigen, die man aus einem Wäscheschrank zog, von einem Heuboden oder damals den einen aus dem Kamin, gingen zuerst zwei oder drei Sekunden lang brav mit. Sozusagen auf frischer Tat ertappt, schienen sie einzusehen, daß es unmöglich war, einen Weißen zu überlisten, und hoffnungslos, vor einem Gewehr davonzulaufen. Sie lächelten sogar, wie ein Kind, das man mit der Hand in der Zuckerdose erwischt, und wenn man dann nach dem Seil griff, um sie zu fesseln, selbst dann konnte man noch nicht wissen. Genau dieser Nigger mit dem hängenden Kopf und dem flüchtigen Zuckerdosenlächeln im Gesicht konnte ganz plötzlich aufbrüllen wie ein Bulle oder sonstwas und Unglaubliches tun. Das Gewehr an der Mündung packen; sich auf den werfen, der es hielt — einfach alles. Deshalb mußte man einen Schritt zurücktreten und das Fesseln einem anderen überlassen. Sonst geschah es noch, daß man tötete, was man doch lebendig zurückbringen mußte, um sein Geld zu bekommen. Anders als einer Schlange oder einem Bären konnte man einem toten Nigger ja nicht die Flaut abziehen, um ein bißchen was zu verdienen — er wog nicht einmal sein Schlachtgewicht in barer Münze auf.

Sechs oder sieben Neger gingen die Straße entlang auf das Haus zu: zwei Jungen auf der linken Seite des Sklavenfängers und ein paar Frauen auf seiner rechten. Er machte ihnen mit dem Gewehr Zeichen, sich nicht zu rühren, und sie blieben stehen, wo sie waren. Der Neffe hatte ins Haus gespäht und kam jetzt zurück, und nachdem er den Finger auf die Lippen gelegt hatte, deutete er mit dem Daumen hinters Haus, um zu verstehen zu geben, daß das, wonach sie suchten, dort sei. Da stieg der Sklavenfänger ab und ging mit den anderen zu Fuß. Der Schullehrer und der Neffe gingen links ums Haus herum; er selbst und der Sheriff rechts. Ein übergeschnappter alter Nigger stand mit der Axt in einem Haufen Holz. Man hörte gleich, daß er nicht ganz bei Trost war, denn er grunzte — gab leise Geräusche von sich wie eine Katze. Vielleicht vier Meter weiter stand noch ein Nigger — eine Frau mit Blumen am Hut. Wohl auch übergeschnappt, denn auch sie stand stocksteif da, wedelte aber mit den Händen, als wische sie Spinnweben fort. Beide jedoch starrten zur selben Stelle hinüber — zu einem Schuppen. Der Neffe ging auf den alten Nigger zu und nahm ihm die Axt aus der Hand. Dann machten sich alle vier auf den Weg zum Schuppen.



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